Kindergartenfrei

Welch schönes Wort! Frei ist immer gut. Wir sind so frei uns dieser Freiheit zu stellen. Mittlerweile frage ich mich, warum ich bei meinem ersten Kind nicht den Hauch eines Gedankens an diese Idee hatte? Vielleicht, weil es einfach nicht möglich war. Eine Ausbildung wollte vollendet werden. Ich hätte doch im Anschluss daran mein Kind wieder nach Hause holen können? Doch da war der Umzug in eine neue, eine fremde Stadt. Und die einzige Freundin meines Mädchens in den neuen Gefilden, die es damals schon gab, ging in den Kindergarten. Da war es ein Segen, dass in eben dieser Kita extra ein Platz zusätzlich angeleiert wurde, damit die beiden Mädchen in dieselbe Gruppe kamen. War ich froh! Denn ich war weiterhin alleinerziehend und in action. Das neue Vorhaben hieß damals Studium. Als ich damit fertig war, ging Madame bereits zur Schule.

Als ich mit den Zwillingen schwanger war, standen einige Sachen direkt fest. Erstens, ich werde meine Kinder im Tuch tragen und stillen. Zweitens, ich bleibe drei Jahre mit ihnen zu Hause. Beides haben wir umgesetzt. Doch die Zeit vergeht so schnell und ich stelle fest, dass der dritte Geburtstag sich mit großen Schritten nähert. Und ebenfalls stellte ich fest, dass wir mit dem, was wir finanziell zur Verfügung haben, gut über die Runden kommen. Da eröffnete sich plötzlich die Option des Kindergartenfrei [klick hier]. Ja, wieso eigentlich nicht?

Im Studium wählte ich den Schwerpunkt Genderkompetenzen. Die beste Wahl, die ich treffen konnte. Der Genderaspekt ist omnipräsent und im Grunde auf alles anwendbar. Er öffnet die Augen und ließ mich meine Umwelt bewußter betrachten. Ich habe mich in diesem Zuge natürlich auch sehr mit dem Wandel der Frau und ihren unterschiedlichsten Rollen auseinander gesetzt. Manch eine_r sieht es als Rückschritt, wenn ich sage, ich bin Mutter und Hausfrau. Vollzeit. Und über die ersten 12 Lebensmonate der Kinder hinaus. Wozu das alles? Wozu all die Kämpfe? Was ist denn nun mit der Karriere? Ja, ich arbeite gern. Ich bin froh, dass ich die Möglichkeit habe, arbeiten gehen zu dürfen. Doch andersherum bin ich eben auch froh darüber, die Möglichkeit zu haben, bei meinen Kindern sein zu dürfen. Die fragilen, wichtigen ersten sechs Jahre an ihrer Seite zu stehen. Sie zu stärken und ihnen beizustehen. Ich habe die Wahl. Das ist wichtig. Und genau aus diesem Grund, waren alle bisherigen Feminismusdebatten und -kämpfe eben nicht umsonst. Nur den Kämpferinnen habe ich zu verdanken, dass ich mich entscheiden darf. Nicht nur in diesem Zusammenhang, sondern grundsätzlich finde ich, ist ein Ja, das ausgesprochen wird, ohne dass es eine Alternative gibt, wertlos. Eine Zustimmung, die darauf gründet, dass es keine andere Option gibt, ist bedeutungslos. Denn gibt es keine Wahlmöglichkeiten, ist es nichts anderes als Zwang. Und somit bin ich aus freien Stücken aus vollster Überzeugung und von ganzem Herzen sehr gern Vollzeit-Mutter.


Soviel zur Theorie. In meiner Vorstellung ist alles rosarot, weich gezeichnet, voller Blumen und schnischni. Doch dieser Tage holt mich die Realität ein. Im Gegensatz zu der Zeit als ich zum ersten Mal Mutter wurde, hatte ich dieses mal nicht den Drang, sämtlichen Gruppen beizuwohnen um Eltern-Kontakte zu knüpfen. Ich ging weder zum Pekip, noch zur Baby-Massage, zur Stillgruppe oder anderen Veranstaltungen dieser Art. Ich blieb zu Hause. Das Wir war mir genug. Mein Freundeskreis ist stabil und gibt mir alles, was ich in dieser Beziehung brauche. Mittlerweile haben fast alle meine Leute selbst Kinder. So habe ich Freundschaften aus meiner neu-als-Mutter-Zeit, die also aufgrund meiner Mutterschaft entstanden, und eben meine alten Freundinnen, die lange vor diesem Thema an meiner Seite waren.

Als meine Damen anderthalb Jahre alt waren, fingen wir an, gesellschaftlich vor die Tür zu gehen. Wir wurden Mitglied im Sportverein unseres Stadtteils und starteten mit Kinderturnen. Das war eine tolle Idee. Meine Kinder lieben diese Stunde in der Woche. Wir toben zwar auch so kreuz und quer durch die Gegend. Aber ein anderer Ort ist ein anderer Ort. Mittlerweile sind es fast anderthalb Jahre, die wir dort sind. Und bis auf wenige Sätze, habe ich mich mit keinem der Eltern dort wirklich unterhalten. Ich bin nicht interessiert. Nicht aus Hochnäsigkeit, sondern weil ich dort niemanden sehe, der die gleiche Schiene fährt wie ich. Ich genieße es, in dieser Stunde völlig unabgelenkt zu sein.

Anders war es, als wir uns einer Krabbelgruppe anschlossen. Dies geschah ungefähr zur selben Zeit. Einer regionalen Veranstaltungsseite im Internet hatte ich den Termin entnommen. Nur 800m von unserem Zuhause entfernt, im Gemeindehaus der Kirchengemeinde. Einfach mal gucken, dachte ich. Auf dem Hinweg stand ich an einer Ampel, als eine andere Mutter auf dem Fahrrad mit Anhänger angefahren kam. Sie hielt neben uns, um ebenfalls die Straße zu überqueren und wir grüßten uns. Das fand ich ungewöhnlich, denn unterwegs in der Stadt, mache ich das eigentlich nicht bei Fremden. Naja, es wurde grün und wir gingen unserer Wege. Am Gemeindehaus angekommen, stellte ich fest, dass sie dasselbe Ziel hatte. Im Gruppenraum empfing uns als Gastgeberin die Sozialpädagogin der Kirchengemeinde. Wir waren an diesem Tag die einzigen, die kamen. Das machte aber überhaupt nichts, denn wir verstanden uns auf Anhieb. Und unsere Kinder sind sogar im selben Alter. Von diesem Tag an trafen wir uns einmal pro Woche im Gemeindehaus. Einmal pro Monat in Gesellschaft der Sozialpädagogin und dann und wann waren auch ein bis zwei andere Mütter mit ihren Kindern dabei. Als es dann gen Frühling/ Sommer ging, trafen wir uns auch privat, bei uns im Garten oder im Wald um die Ecke.

Im Sommer kam eine neue Mutter mit ihrem Sohn in unsere Gruppe. Auch mit ihr verstand ich mich auf Anhieb sehr gut. Gleiche Welle. Das hatte das Universum gut eingefädelt, denn nur drei Monate später wurde die Tochter meiner ersten Krabbelgruppenfreundin in die Krippe eingewöhnt. Zeitgleich kam das Kind einer anderen Mutter unserer Gruppe ebenfalls dorthin. Blieben nur noch die neue Mama und ich und eine Mutter, die Vollzeit erwerbstätig und ihre Tochter bei einer Tagesmutter untergebracht war, und sie daher nur sporadisch auftauchte. Da waren’s nur noch zwei. Witzigerweise wohnen wir nur wenige hundert Meter voneinander entfernt, so dass wir als „Rest“ unsere Gruppe privat weiterführten und uns fortan zu Hause trafen. Ihr Sohn und meine Töchter mögen sich total gern, obwohl ein Altersunterschied von einem Jahr besteht. Macht nichts. In der Vorweihnachtszeit fanden wir uns dann auch mal wieder im Gemeindehaus ein, um mit der Sozialpädagogin mal wieder gemeinsam ein bißchen offizielles Gruppen-Feeling zu haben. Dort kam kurzzeitig neue Hoffnung für die Gruppe auf, als unsere sporadische Mutter uns eröffnete, dass Nachwuchs unterwegs sei und ihre große Tochter nicht mehr zur Tagesmutter gehen würde, sondern zu Hause bliebe. Als im Januar dann die Mama, deren Tochter seit Herbst in der Krippe war, wieder zu einem der Treffen kam, sah es wirklich rosig aus. Alle wieder vereint. Doch innerhalb kürzester Zeit, drehte sich alles. Die bald-große-Schwester bekam kurzfristig einen Platz in der Kirchenkrippe, unsere Januar-Besucherin war wohl doch nur für dieses eine Mal dazugestoßen, und unsere jüngst hinzugestoßene Mama, mit der ich mich nun privat traf, eröffnete, dass auch ihr Sohn einen Platz in der Krippe bekommen hätte.

Da unsere Richtung, weg von der Fremdbetreuung, sich immer deutlicher abzeichnete, mein Mann aber noch nicht gänzlich überzeugt war, begann ich, mich noch mehr zu vernetzen. Kinder brauchen andere Kinder, sagte mein Mann. Das wäre der einzige Grund für ihn, unsere Kinder in einen Kindergarten geben zu wollen. Ok, mein Auftrag war also klar. So suchte ich nach Gleichgesinnten im Internet [klick hier] und wurde schnell fündig. Sogar regionale Gruppen fand ich. Schnell mal reingeklickt und still mitgelesen. Eine dieser Gruppen ist landesweit ausgelegt. Hier tummeln sich kitafreie Eltern aus Schleswig-Holstein. Nicht besonders viele, aber immerhin ein paar. Ich war zur rechten Zeit am rechten Ort. Jemand in der Gruppe initiierte ein Treffen in der realen Welt. Sich wirklich kennenlernen, und direkt im Gespräch austauschen. An jenem Tag waren wir nicht so richtig fit. Außerdem hatten meine Mädels einen „Ich habe keine Lust mich anzuziehen oder vor die Tür zu gehen, und schon gar nicht fahre ich mit dem Auto irgendwo hin“-Tag. Die anderen wollten sich um 10 Uhr treffen. Gegen 12 Uhr beschloss ich, mich abzumelden, als die zwei Grazien plötzlich fertig an der Tür standen. So fuhren wir also doch noch. Eine halbe Autostunde entfernt lag unser Ziel. Schön auf dem Land. Eine andere Familie hatten wir verpaßt. Doch die Gastgeberin und ihre Kinder empfingen uns freundlich und wir blieben ein paar Stunden. Ob wir uns nächste Woche wieder treffen wollten, fragten wir uns, und bejahten es direkt. Seit diesem Tag fahren wir drei einmal pro Woche zu dieser lieben Familie. Viele Gemeinsamkeiten und eben dieselbe Welle, die gleiche Sicht auf viele Dinge.  Unsere großen Töchter, die sich bisher nur einmal in den Ferien gesehen haben, weil sie ansonsten immer in der Schule sind, wenn wir uns treffen, sind im selben Alter. Genau wie ihr jüngstes Kind und meine beiden Damen. Außerdem hat sie noch zwei weitere Kinder im Kindergartenalter. Ergo sind unsere Kinder schon immer zu fünft, wenn wir uns treffen. Das sind mehr Kinder als wir in unserer Krabbelgruppe hatten.

Und schwuppdiwupp hat man ein kleines, aber feines Netz aus tollen Kontakten gesponnen. Meine drei neuen Freundinnen mit ihren Kindern kamen alle ganz unverhofft in mein Leben. Für mich fühlt es sich an, als hätte sich damit ein Kreis geschlossen. Mein Zahlentick läßt grüßen. Drei Ladies aus meiner Schulzeit. Drei Ladies aus der Heimatstadt meines Herzens. Und nun drei Ladies in meinem neuen Leben als Zwillingsmutter. Drei mal drei und kitafrei. Dieses Netz, im Grunde lediglich um wenige, aber tolle Menschen ergänzt, reicht meinem Mann, um nun vollends hinter kitafrei stehen zu können.

[Dass die Kontakte unserer Kinder sich alle in einer bestimmten Altersgruppe befinden sollten, war weder von meinem Mann gefordert, noch finden wir, dass dies notwendig ist. Die bunte Mischung macht es. Zwillinge zu haben hat natürlich den Vorteil, dass die beiden stets jemanden an ihrer Seite haben. Bei uns ergänzt sich das Kindernetzwerk dann durch die große Schwester und deren Freundeskreis. Hinzu kommen die Kinder, die wir einfach um uns herum haben, weil wir Eltern miteinander befreundet sind. Und last but not least kommen dann die neuen Kontakte, die sich aufgrund der Kinder gebildet haben. Die ältesten Kinder in unserer Runde sind 14 Jahre älter als unsere beiden, und die jüngsten sind noch im ersten Halbjahr ihres Lebens. Je nach Konstellation sind die Kinder dann mal die Großen, mal die Kleinen. Echtes Leben. Ganz ohne künstliche Konstruktion lernen sie unterschiedliche Rollen kennen.]


Womit ich wieder beim Thema wäre. Denn diese Woche wich mein Rosarot der Realität. Ich besuchte endlich mal wieder eine meiner Perlen in Hamburg. Den Vormittag verbrachten wir mit meinen beiden Mädchen und ihrem Baby zu Hause, und gingen dann am Nachmittag los, um ihre Mittlere aus dem Kindergarten abzuholen. Eigentlich kein Ding, alles ganz entspannt. Und dennoch rührte sich etwas in mir. Ich kann es gar nicht klar fassen, doch es ist da. Gedanken, die in meinem Hirn umherflattern. Zum einen der Aspekt, dass sie tagsüber ausschließlich Zeit für ihre sieben Monate junge Tochter hat. Während ihr Großer in der Schule und ihre Mittlere im Kindergarten sind. Stunden nur für sich und ein Kind. Welch Luxus. Dies erscheint mir umso wertvoller, als ich momentan den ein oder anderen wehmütigen Moment habe, in dem ich mir wünsche, ich hätte meine Kleinen auch einzeln erleben und mich so intensiv auf sie einlassen dürfen. Ein total zermürbender und auch überflüssiger Gedanke. Meine Große und ich hatten drei intensive Jahre zu zweit. Meine Zwillinge und ich hatten auch intensive Jahre, jedoch immer zu dritt.  Ich gräme mich nicht. Nur manchmal überkommt mich eben die Wehmut. Doch andersherum hatten meine Große und ich „nur“ diese ersten drei Jahre, dann kam der Kindergarten. Die Jahre vom dritten Geburtstag bis zur Einschulung werden meinen Zwillingsdamen und mir „allein“ gehören. Ich muß meine Kinder keiner fremden Person anvertrauen. Ich bin dankbar dafür, es nicht tun zu müssen. Dankbar dafür, dass wir es uns leisten können, Nein sagen zu dürfen.

[Es ist schade, dass das Betreuungsgeld abgesägt wurde bzw. dass es keine gezielte staatliche Unterstützung für Familien gibt, die ganz bewusst den kindergartenfreien Weg gehen möchten. Sicherlich gibt es Familien, bei denen dieser Weg am Geld scheitert. Wobei ich nicht unerwähnt lassen möchte, dass ich die Gelder, die hier in Deutschland beantragt werden können, uns schon eine erhebliche Erleichterung verschaffen. Stichworte: Kindergeld, Kinderzuschlag, Wohngeld, Bildungspaket. Auch Elterngeld und Mehrlingbonus gehören dazu.]

Und trotz meiner Überzeugung hatte ich gleich am darauffolgenden Tag eine nächste Begegnung, die mich wanken ließ. Unsere Krabbelgruppe feierte ganz plötzlich ihr Revival und unser erstes Treffen zu dritt stand an. Mit der Mama, die ich als erste, und der Mama, die ich als letzte dort kennengelernt hatte. Wir machen jetzt unser eigenes Gelöt und treffen uns jede Woche zu dritt. Finde ich toll. Doch dann kam die erste Welle. Noch geflasht von den Gedanken des Vortages, wurde mir irgendwie anders. Denn auch der Sohn meiner zweiten neuen Freundin begann diese Woche seine Eingewöhnung in der Krippe. Zufällig sind die beiden Kinder sogar in derselben Einrichtung, in derselben Gruppe. Am Vormittag war ihr erster Tag der Eingewöhnung gewesen und so wurde viel darüber geplauscht. An sich total super, denn diese Art des Austausches mag ich. Doch mit einem Mal sah ich mich am Rand. In den ersten ein bis zwei Lebensjahren ist noch die Mehrheit der Kinder zu Hause. Doch dann kommt früher oder später der Tag, an dem die meisten in die Fremdbetreuung gehen. Nun war es in meinem kleinen neuen Kreis soweit. Ich war die letzte in dieser Runde und gehörte nicht zum Kita-Club, konnte nicht mitreden und sah mich ganz allein auf weiter Flur. Das war ja nun nicht vom Himmel gefallen. Aber plötzlich war mir klar, dass wir tatsächlich etwas machen, das eben nicht der Norm entspricht. Dass meine rosarote Theorie toll anzusehen war, sich in der Praxis aber eher farb- und trostlos anfühlte. Die freiwillig gewählte Außenseiter-Rolle. Schlechte Laune hatte ich deswegen nicht. Auch zweifelte ich nicht an unserer Entscheidung. Doch fühlte ich mich in diesem Moment einsam.

Zum Glück fuhr ich am nächsten Tag zu meiner Kita-frei-Freundin. Dort angekommen, hörte das Karussell auf sich zu drehen. Ich spürte wieder Boden unter den Füßen. Dass meine Mädchen an diesem Tag nach ihrer Begrüßungs-Mimi sofort ins Spiel mit den anderen starteten, was sie bei unseren bisherigen Treffen aufgrund der noch vorhandenen Schüchternheit nicht so schnell getan hatten, war mal wieder perfektes Timing. Meine grauen Gedanken verzogen sich.


Das ist der andere Aspekt. Es gibt zwar keine Frei-Zeit am Tage für mich, weil meine Kinder zu Hause bei mir sind. Doch haben wir eine großartige gemeinsame Zeit. Die große Schwester muß morgens früh aufstehen und zur Schule fahren. Begleitet wird sie morgens von meinem Mann. Wir anderen dürfen liegen bleiben und schlafen, bis wir von allein aufwachen oder wir uns gegenseitig wecken, weil uns langweilig ist. (Wohlgemerkt bin ich nie diejenige, die weckt, komisch.) Kein Wecker, kein Druck. Das allein ist schon der Wahnsinn. Wenn ich mir vorstelle, wir müßten morgens zu einer bestimmten Uhrzeit aufstehen und fertig sein, kriege ich schon Schnappatmung. Das wär’s dann gewesen mit dem selbstbestimmten, entspannten Schlafengehen. Oder mit meiner freien Zeit in der Nacht, wenn alle anderen schlafen. Dann müßte auch ich früh schlafen gehen, damit ich morgens funktionieren kann. Und wenn wir dann, wie auch immer wir das hinkriegen würden, im Kindergarten wären, müßte ich entweder versuchen mein Gehirn auszuschalten, um nicht darüber nachdenken zu müssen, wie wohl mit meinen Kindern umgegangen wird oder mir während dieser Zeit das schlimme Kopfkino reinziehen. Beides -für mich- keine gute Option. Natürlich sind es nicht ausschließlich Monster, die da in Kindergärten arbeiten, doch werden es wohl verschwindend wenige sein, die bedürfnis- und bindungsorientiert, unerzogen ihren Berufsalltag mit den Kindern leben. Da ich keine solche Einrichtung kenne, kommt es schon allein deswegen einfach nicht in Frage, dass meine Kinder außer Haus betreut werden.

Und das ist das Schild, das ich mir ganz weit nach oben hänge. Ganz, ganz am allerhöchsten: unsere Kinder sind unsere Kinder. Sie sind wunderbar, so wie sie sind. Niemand soll an ihnen herum-erziehen. Sie sollen so bleiben und werden dürfen, wie sie sind. Sie sollen die Zeit und Aufmerksamkeit bekommen, die sie brauchen, und sich nicht anpassen und verformen lassen müssen, weil weder Zeit noch Verständnis verfügbar ist.

Wenn ich dann mal wirr bin, schaue ich auf dieses Schild und weiß wieder, warum wir es so machen, wie wir es machen, und warum es genau das Richtige ist. Wir haben jeden Tag alle Zeit, die wir brauchen. Um eine kleine, kaum sichtbare Spinne mit dem Glas einzufangen und vor die Tür zu setzen. Um auf dem Küchenboden zu liegen, anstatt das Frühstück zu machen, das Eichhorn auf den Bäumen vor dem Fenster zu beobachten oder um eine halbe Stunde am Auto zu stehen ehe wir einsteigen. Wir können flexibel und spontan auf das Wetter reagieren. Ideen haben und gleich umsetzen, weil wir unwichtigere Dinge einfach nach hinten verschieben können. Wir können spontan Leute besuchen fahren, wenn wir Lust drauf haben oder jemand sich meldet. Wir können so vieles und müssen uns dabei nicht verbiegen. Und warum? Weil unsere Kita-Freiheit uns diese Freiheit schenkt.

Ja, wir sind entdecken keine neuen Länder, wandern nicht aus, wohnen weder auf Boot, noch im Bus. Wir erfinden das Rad nicht neu. Wir leben in vielerlei Hinsicht so, wie die meisten es tun, und doch ganz anders. Wir nutzen das, was uns zur Verfügung steht und bauen uns darin und daraus genau das, was wir brauchen. Unsere eigene kleine Welt.

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2 Gedanken zu “Kindergartenfrei

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